Kizilkaya: „Debatte um den Schwimmunterricht weder sachlich noch vertrauensbildend“

Als Mitglied des Islamrats macht sich die Islamische Föderation in Berlin die Presseerklärung des Islamrats vom 09.04.2013 hinsichtlich der Debatte um den getrennten Schwimmunterricht zu eigen. Im Folgenden wird die Presseerklärung des Islamrats wiedergegeben:

„In seiner wegweisenden Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 1993 entschieden, dass die Schulverwaltungen verpflichtet sind, alle ihr zu Gebote stehenden, zumutbaren organisatorischen Möglichkeiten auszuschöpfen, einen nach Geschlechtern getrennten Sportunterricht einzurichten und anzubieten. Aus welchem Grund daraus ein integrationspolitisch falsches Signal herzuleiten ist, bleibt unverständlich“, sagte der Vorsitzende des Islamrats, Ali Kızılkaya, anlässlich der Äußerungen der Bundeskanzlerin zum Schwimmunterricht.

Die Deutsche Islam Konferenz (DIK) des Bundesinnenministeriums empfiehlt ausdrücklich, dass „die Schulen einen Weg finden, einen nach Geschlechtern getrennten Sport- bzw. Schwimmunterricht einzurichten, an dem alle Schülerinnen bzw. Schüler teilnehmen.“ In seiner Handreichung „Religiös begründete schulpraktische Fragen” aus dem Jahr 2009 begründet das Ministerium seine Auffassung folgendermaßen: „Erfolgreiche Integration ist darauf angewiesen, dass auch die Schülerinnen und Schüler im Sinne ihrer Persönlichkeitsentwicklung sowie Eltern alle Möglichkeiten konsequent nutzen, um eine umfassende Teilhabe zu erreichen. Umfassende Teilhabe beinhaltet, dass Schülerinnen und Schüler sowie Eltern sich auf die verfassungsrechtlich garantierte Religionsfreiheit berufen können.“ Mit großer Verwunderung hat der Islamrat daher die aktuelle Debatte, in die sich auch die Kanzlerin am Wochenende eingeschaltet hat, zur Kenntnis genommen. „Eine vertrauensvolle Kommunikation sieht anders aus. Es wirkt nicht gerade vertrauensbildend, wenn man nicht sicher sein kann, dass über die Jahre die politische Stimmung umschlägt und einmal gemeinsam Beschlossenes wieder in Frage gestellt wird“, so Kızılkaya.

„Die hierzu oft vorgetragene Auffassung, wonach die Monoedukation im Gegensatz zur Koedukation nicht hinreichend eine Verinnerlichung der Gleichberechtigung der Geschlechter durch die Schüler gewährleiste, lässt ebenfalls eine Erklärung erforderlich erscheinen“, sagte Kızılkaya.

„Wie das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 30. Januar 2013 zur Frage der staatlichen Genehmigung einer monoedukativen Privatschule als Ersatzschule festgestellt hat, wird in der schulpädagogischen Theorie über Vorzüge und Nachteile monoedukativer Schulen bis heute kontrovers diskutiert. Und bis heute hat sich keine einheitliche, unangefochtene Lehrauffassung über deren pädagogische Wertigkeit herausgebildet, auch nicht in Bezug auf ihre Eignung zu der hier in Rede stehenden Verinnerlichung der Gleichberechtigung der Geschlechter durch die Schüler. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Erteilung eines einzelnen Unterrichtsfachs. Es gibt nicht wenige Stimmen in der Wissenschaft, die einen koedukativen Schwimm- und Sportunterricht pädagogisch und sportfachlich als nicht vertretbar ansehen.

So überrascht es nicht, dass die Monoedukation im Schwimm- und Sportunterricht weitverbreitet ist. Der Sprint-Studie des Deutschen Sport Bunds nach finden etwa in Bayern 93,2 % des Sportunterrichts, in Baden-Württemberg 88,3 % und in Sachsen 73,8 % des Sportunterrichts getrenntgeschlechtlich statt“, stellte Kızılkaya fest.